Rache aus dem Jenseits

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SakuramboOo
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Rache aus dem Jenseits

von SakuramboOo am 06.02.2010 13:41

Rache aus dem Jenseits

Wie an jedem anderen Tag, saß sie vor ihrem Computer. Ihr monotoner Blick wirkte traurig und verlassen. Der nächtliche Mond schien durch die Fensterscheibe auf ihr Gesicht und umhüllte ihren zarten Körper mit Einsamkeit. Ihre kühlen Finger streiften über die Tastatur, ihre Gesichtszüge blieben starr und reglos. Immer wieder klickte sie im Internet neue Fenster auf. Ein dumpfer Schlag drang durch den Flur bis in ihr Zimmer, doch sie schenkte ihm keine Acht. Irgendetwas hatte ihre einst so glückliche Seele zu tiefst in den Abgrund der unendlichen Traurigkeit getrieben. Ihr Blick durchstreifte eine Bildergalerie, doch als sie eine Abbildung von einer zufriedenen Familie sah, lief ihr langsam eine eisige Träne über die Wange. Bilder aus der Vergangenheit drangen erneut in ihr tiefstes Inneres. Sie durchzogen die verletzlichen Gefühlsfäden, welche sich um ihr Herz spannten.
„Es wird nicht enden, ehe mein Tod beglichen ist.“ Sie fuhr hoch, als sie die zitternde Stimme vernahm. Das Echo der Stimme ging in ein leises Rauschen über. Doch das Zimmer war leer. Sie saß ganz alleine da. Ihr Blick wandte sich wieder zu ihrem Computer zu und sie versuchte sich nur auf den Bildschirm zu konzentrieren. Ihre Gefühle zeigte sie nicht und die Tränen von zuvor waren bereits verschwunden. „Es wird nicht enden, ehe mein Tod beglichen ist.“ Dann flüsterte sie unsicher: „Wer bist du?“ Doch die unbekannte Stimme gab ihr keine Antwort. „Schon so lange sprichst du zu mir und gibst immer nur denselben Satz von dir. Ich habe genug Leid zu ertragen. Ich habe nie jemanden etwas angetan, denn ich gehe meinen eigenen Weg.“ Eine Windböe strömte durch das Zimmer. „Es wird nicht enden, ehe mein Tod beglichen ist.“ Sie zitterte am ganzen Leib und ihr Blick lugte zu der digitalen Uhr in der rechten Ecke der Taskleiste des Computers. Es war kurz vor drei Uhr morgens. Sie fürchtete diese Zeit, denn sie bereitete ihr noch mehr Angst, obwohl sie nicht wusste, woran dies lag. Der Bildschirm begann zu flimmern und dann erschien ein neues Fenster, in welchem zwei dunkle Augen erschienen. Sie starrte entsetzt auf den Bildschirm ihres Computers und biss sich auf die Lippen. Dann brachte sie jene Worte hervor: „Ich flehe dich an, erspare mir erneut diesen Anblick! Ich kann ihn einfach nicht ertragen und ich verstehe nicht, was du hier zu finden glaubst.“ Die Augen auf dem Bildschirm vergrößerten sich und schließlich füllte die schwarze Pupille den ganzen Bildschirm aus. Ein dumpfer Schlag war erneut zu hören, doch sie gab ihm wiederum keinerlei Acht. Ihre Augen fixierten die Abfolge von Bildern aus der Vergangenheit, welche schließlich auf dem Bildschirm sichtbar wurden.
Die Scheinwerfer eines Autos erhellten das ganze Geschehen und durchbrachen das trostlose Schwarz. Die Straße war eisig und das Licht wurde stark reflektiert und blendete den Fahrer des Wagens. Es war ihr Vater. Ein dumpfer Schlag ertönte. Eine schwarze Gestalt schlug auf die Windschutzscheibe. Dann spritze etwas unerkennbares von ihr herab und sie fiel leblos zu Boden. Der Wagen raste über die Leitplanke und die Fahrt endete schließlich, nach einem lauten Schrei einer Frau, vor einem Baum. Ihr Vater bewegte sich ebenfalls nicht mehr, genauso wie seine Ehefrau, welche neben ihm saß. Im hinteren Abschnitt des Wagens befanden sich zwei Kinder. Das Baby schlief und daneben hockte ein Mädchen, welches ihr eins zu eins glich. Natürlich ähnelte ihr das Mädchen, denn es war sie. Doch die Mutter öffnete wieder ihre Augen und starrte durch eine Wand von Tränen zu ihren beiden Kindern. Sie waren unverletzt, doch der Vater erlag sogleich dem Tod. Dann verschwand das Bild und plötzlich offenbarte der Computer ihr das Bild ihrer Mutter, wie sie kurz darauf bei einem Unfall ums Leben kam. So langsam schien sie zu begreifen, denn ihre Gedanken streiften nun zurück an den letzten Sonntag. Am letzten Sonntag kam ihre große Schwester, im Alter von neunzehn Jahren, ums Leben. „Es waren keine Unfälle...“, murmelte sie.
„Es wird nicht enden, ehe mein Tod beglichen ist.“ Ein dumpfer Schlag ertönte und dieses mal beachtete sie ihn. Mit verkrampften Gliedern drehte sie sich um und erblickte die Tür hinter sich. Die Türklinke ging nach unten und dann stand da urplötzlich ein kleines Kind im Türrahmen. Es hatte schwarze Augen und ebenso schwarzes Haar, welches über sein ganzes Gesicht hing. Der Junge tappte langsam auf sie zu, doch seine Füße berührten den Boden nicht. „Es wird nicht enden, ehe mein Tod beglichen ist.“ „Du warst die schwarze Gestalt, welche mein Vater mit dem Auto angefahren hat?“, fragte sie. Der Junge blickte sie an und Blut floss aus seinen Augen. Er nickte mit seinem blassen Gesicht und starrte sie weiterhin an. „Mich trifft keine Schuld, denn ich war doch noch ein Baby....“, murmelte sie. „Rauben Menschen anderen das Leben, so sollen sie selber kein Leben mehr haben. Ihr hättet umdrehen können, denn ich lag noch eine Weile dort und es war bitterlich kalt...“, sprach der Junge schließlich. Sie riss ihre Augen weit auf, als der Junge weiter auf sie zu kam und dann ertönte abermals ein dumpfer Schlag, doch dieses Mal war es der letzte Schlag, welcher zu hören war. Nun war die Schuld beglichen und der Junge glaubte, dass er nun seinen ewigen Frieden finden konnte, doch da irrte er sich, denn wer anderen das Leben raubt, der soll selbst kein Leben mehr haben, auch nicht im Jenseits...








© Justine Kiem

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